Alle Jahre wieder erwischt mich der Januar mit einem kleinen kreativen Tief. Vielleicht braucht mein Kopf nach dem Weihnachtbäckerei dann einfach eine Pause. Es könnten auch die immer noch zu kurzen und dunklen Tage sein, an denen mir fotografieren oft keinen Spaß macht. Auf jeden Fall weiß ich, dass es eine vorübergehendes Phänomen ist. Und es hat zwei Vorteile: Zum einen backe ich endlich mal wieder die alten Lieblinge wie das Graubrot oder mein geliebtes Weizenmischbrot, zum anderen krame ich für euch die Rezepte aus dem letzten Jahr hervor, die noch in der “muss ich noch verbloggen”-Warteschleife stecken.
Ein solches Rezept ist das Rezept für die Vollkorn-Schnittbrötchen. Sie sind eine Abwandlung meines Schnittbrötchen-Rezeptes und werden durch das microfeine Vollkornmehl erstaunlich locker und fluffig. Wer auf der Suche nach Vollkornbrötchen “ohne Körner” ist, dem sei dieses Rezept ans Herz gelegt.
Vollkorn-Schnittbrötchen
ergibt 20 Stück
Sauerteig
- 200g Roggenvollkornmehl
- 200g Wasser
- 20g Sauerteig-Anstellgut
Teig
- 800g Weizenvollkornmehl, microfein
- 560g Wasser (25°C)
- 15g Eigelb
- 10g Hagebuttenpulver (optional)
- 15g enzymaktives Bohnenmehl (optional)
- 15g aktives Malz
- 20g Hefe
später Einkneten
- Sauerteig
- 20g Öl
- 20g Salz
- 2g Flohsamenschale
Die Zutaten für den Sauerteig mischen und bei 25°C 12-14 Stunden gehen lassen.
Alle Zutaten für den Teig nun erst 3 min bei langsamer Geschwindigkeit, dann weiter 8 min auf schneller Geschwindigkeit kneten.Nun werden die Zutaten zum späteren Einkneten hinzugefügt und mit langsamer Geschwindigkeit geknetet, bis ein homogener Teig entstanden ist (etwa 5 min).
Den Teig 2,5 Stunden gehen lassen. Dabei nach 30, 60 und 90 min dehnen und falten
Den Teig in 85g-Portionen teilen, erst rund vorformen und dann zu länglichen Brötchen rollen. 10 min ruhen lassen, dann die Teiglinge mit einem scharfen, gezahnten Messer (z.B. Brötchenmesser oder Tomatenmesser) längs einschneiden. Der Schnitt sollte so tief sein, dass die Teigling zu 3/4 eingeschnitten ist. Den Schnitt zusammenlegen und die Brötchen umgedreht mit dem Schnitt nach unten in einem Leinentuch etwa 40-45 min gehen lassen.
In der Zwischenzeit den Ofen auf 250°C aufheizen.
Die Brötchen mit dem Schnitt nach oben auf ein Lochblech setzen, mit Wasser einsprühen und in den Ofen einschießen. Kräftig schwaden und für 10 min mit Dampf backen. Nun den Dampf aus dem Ofen lassen und weitere 10 min backen. Mit dem zweiten Blech genauso verfahren.
Halo Stefanie, was ist „ microfeines Vollkornmehl“.
Hallo Stefanie,
habe heute dein Rezept ausprobiert, aber erst mal nur die Hälfte Teig gemacht. Gewundert hat mich die hohe Hefemenge trotz Sauerteig. weniger Hefe mit verlängerter Stockgare geht sicherlich auch, aber ich habe mich erst mal an das Rezept gehalten. Allerdings habe ich ganz normales Vollkornmehl verwendet.
Das Ergebnis war ganz hervorragend. sehr lockere luftige Vollkornbrötchen, die alle begeistert haben.
@Ralf: Das mit der Hefe liegt der Erfahrung zu Grunde, dass die Schnittbrötchen 2% Hefe eine schönere Krume bekommen ohne dass das Aroma leidet, da der Sauerteig als Aromageber dabei ist.
Ich sehe ja den in den letzten paar Jahren aufgekommenen Trend, immer geringere Mengen Hefe zu verwenden, egal ob es gerade Sinn macht oder nicht, eher kritisch. Das gleiche gilt übrigens auch für kalte Gare um jeden Preis, auch die macht nicht für alles und immer Sinn. 🙂
Hallo Stefanie,
ich finde deinen Kommentar bzgl Hefemenge und kalter Gare interessant. Könntest du das noch etwas erläutern? Wann wäre es denn sinnvoll und wann nicht? (Möglicherweise kann man das gar nicht pauschal beantworten, aber vielleicht hast du ein paar Beispiele?)
Viele Grüße
@Claas: Es ist halt immer die Frage, was man gerade erreichen möchte (wie immer im Leben 🙂 ).
Möchte ich eine Krume mit eher großen Poren, ist wenig Hefe (<0,5%, nach Möglichkeit in einem Poolish) und viel Zeit zum Reifen eine gute Wahl. Dadurch bekommt man viele Exoenzyme (=Verdauungsenzyme der Hefe, v.a. Amylasen und Pepitdasen) in den Teig, die die Krumenkonsistenz und Aussehen beeinflussen.
Möchte ich eine feine Porung haben, funktioniert eine kürzere Gehzeit und mehr Hefe besser. Weniger Enzyme im Teig gibt dann ein gleichmässigeres Krumenbild. Selbst bei kalter Gare bleibe ich bei Brötchen dann im Bereich von 1-2%. Das Brötchenvolumen ist dabei ähnlich zu den "Ciabattabrötchen" mit großen Poren, denn viele kleine Poren können genausoviel Gas halten wie wenige, sehr große.
Bei der Geschmacksentwicklung ist es eine Frage von Vorlieben, ob einen die Aromen aus der warmen oder kalten Gare besser schmecken. Und dann gibt es ja auch immer die Möglichkeit, mit Vorteigen zu arbeiten (meine Lieblingsvariante).
Und bevor mir jetzt einer mit "aber um FODMAPS abzubauen, braucht es eine lange, kalte Gare" kommt: Die Studien dazu werden mit 2-5% Hefe bei Raumtemperatur gemacht.
Es gibt meines Wissens nach keine Studie, die die Annahme stützt, dass eine lange, kalte Gare mit sehr wenig Hefe bessere oder nur gleichwertige Ergebnisse bringt.In einer Studie von 2020 schreiben die Autoren: “Der durchschnittliche FODMAP-Gehalt der 21 verschiedenen Weizenmehle lag bei 1,21gr/100grTrockenmasse (TM; Fig. 1). Dahingegen war der FODMAP-Gehalt bei den Broten der langen wie kurzen Teigführung im Durchschnitt unter 0,4gr/100gr TM, was einer Reduktion von > 65% entspricht. Rechnet man dies auf Frischgewicht um, ist der FODMAP-Gehalt bei den Broten der langen und kurzen Teigführung bei etwa 0,22gr/100gr frischem Brot, was etwa 3-4 Scheiben Brot entspricht. ” Sprich: Ob 2,5% Hefe und 110 min Gesamt-Teigführungszeit bei Raumtemperatur oder 1% und 25 Stunden (davon 17 Stunden bei 7°C) macht keinen Unterschied.
Letztlich finde ich es halt anstrengend, dass mir in den sozialen Netzwerken (und manchmal auch hier) immer mehr eine Geisteshaltung begegnet, die sagt: Brot ist nur gut, wenn es die Hefemenge im Nullkommairgendwas Bereich liegt (oder Sauerteig verwendet wurde) und die Gare möglichst lang und kalt ist. Und das finde ich ganz schön schwierig, denn so ein Dogma schränkt uns unnötig ein. Vielleicht liegt es daran, dass ich schon so lange backe und blogge (der Blog wird im November schon 17 Jahre alt!), dass ich einfach zu viele Trends habe kommen, gehen und wiederkommen sehen.
Nachtrag, weil mir das gerade noch durch den Kopf ging: Gare bei Raumtemperatur (20-22°C) hat auch den Vorteil, dass die Kontrolle besser / leichter ist und man eher auf den Punkt genau arbeiten kann.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!