Ist der Sauerteig nach vier bis fünf Tagen der liebenvollen Pflege fertig, stellt sich natürlich die Frage, wie er ab jetzt aufbewahrt und weiter gepflegt werden muss. Hier sind die wichtigsten Punkte:
Sauerteig füttern
Der wichtigste Punkt bei einem Sauerteigansatz ist, dass er immer getrennt vom Brotteig geführt wird, da ein Brotteig neben Wasser und Mehl auch Salz, Fett, Hefe und andere Dinge enthält, die dem Sauerteig schaden können. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie der Sauerteig geführt werden kann:
Wird jeden Tag gebacken, wird der Sauerteig zweimal am Tag gefüttert (1 Teil Sauerteig, 1 Teil Mehl, 0,7 – 1 Teil Wasser). Da die meisten von uns jedoch nicht so häufig backen, lohnt sich Methode 2 eher. Hier wird der Sauerteig in einem Glas (entweder Einmachglas oder Twist-off-Glas) im Kühlschrank aufbewahrt, bis man backen möchte. Dann nimmt man ein wenig Sauerteig (das sogenannte Anstellgut) aus dem Glas, um den Sauerteig für das Brot anzusetzen. Damit der Sauerteig im Kühlschrank nicht verhungert, wird er etwa alle 14 Tage gefüttert. WIrd der Sauerteig im Brot in Kombination mit Hefe verwendet reicht seine Triebstärke aus.
Es kann sein, dass sich im Kühlschrank die Mehlpartikel auf dem Boden des Glases absetzen und sich darüber eine braune oder graue Flüssigkeitsschicht bildet (genannt Fusel). Das ist ganz normal, und passiert meistens, wenn der Sauerteig schon ein wenig länger stand und mal wieder gefüttert werden muss. Dazu den Fusel unterrühren und nach folgender Methode den Sauerteig füttern (auch auffrischen genannt):
Sauerteig füttern
- 40g “alter” Sauerteig aus dem Kühlschrank
- 40g Wasser (30°C)
- 40g Mehl
- ein sauberes Glas
Den Sauerteig mit Wasser und Mehl mischen, in ein frisches Glas füllen und abgedeckt an einem warmen Ort (25°C-28°C) etwa 6 –12 Stunden gehen lassen. Der Sauerteig sollte sein Volumen in der Zeit verdoppeln. Sobald er sein Volumen verdoppelt (abhängig von der Aktivität und der Temperatur) hat, kann er in den Kühlschrank zurückgestellt werden.
Hefe-Führung
Soll ein reines Sauerteigbrot gebacken werden, muss der Sauerteig natürlich sehr triebstark sein. Um sicher zu gehen, dass der Sauerteig genug Triebkraft hat, ist es empfehlenswert, eine oder zwei Hefeführungen zu machen, bevor man den Sauerteig für das Brot ansetzt. Bei der Hefeführung wird der Sauerteig bei sehr warmer Temperaturen (28°C bis 30°C) geführt. Bei diesen Temperaturen vermehren sich die Sauerteighefen besonders gut. Ich führe meinen Sauerteig bei der Hefeführung inzwischen sehr ähnlich wie meinen Süßen Starter.
Hefeführung
- 20g Sauerteig
- 20g Mehl
- 20g Wasser (35°C)
Alle Zutaten gut vermischen und bei 28°C-30°C etwa 4 Stunden gehen lassen. In dieser Zeit sollte sich das Volumen des Sauerteigs mindestenst verdoppeln und mild nach Joghurt duften. Ist dies nicht der Fall, die Hefeführung wiederholen.
Sauerteig sichern
Es kann selbst bei bester Pflege vorkommen, dass der Sauerteig das Zeitliche segnet. Um schnell einen neuen Sauerteig zu bekommen, sollte man seinen Sauerteig durch Trocknen sichern. Dann kann man ihn mit etwas Wasser und Mehl verrühren und hat schon bald wieder einen aktiven Sauerteig, denn die Mikroorgansimen vertragen das Trocknen gut und zeigen ihre Aktivität, sobald sie wieder mit Wasser in Berührung kommen.
Sauerteig trocknen
- 40g aktiver Sauerteig, am besten 6-12 Stunden nach der Fütterung
Den Sauerteig so dünn wie möglich auf ein Backpapier streichen. Bei Raumtemperatur (20°C) vollständig trocknen lassen und dann in kleine Stücke brechen. In einem Glas trocken aufbewahren und die Sicherung etwa einmal im Jahr erneuern.
Reaktivierung von getrocknetem Sauerteig
- 20g trockener Sauerteig
- 40g Wasser
- 20g Mehl Type 550
Den getrockeneten Sauerteig in das Wasser geben und etwa 1-2 Stunden stehen lassen, damit der getrocknete Sauerteig Wasser aufnimmt und sich gut verrühren lässt. Nun das Mehl dazugeben, alles zu einer homogenen Masse verrühren und bei etwa 25°C ca. 12 Stunden stehen lassen. In dieser Zeit sollten sich im Sauerteig Blasen bilden, im besten Fall geht er sogar schon ganz normal auf. Nun wird er so oft gefüttert (s. oben), bis er wieder die gewohnte Aktivität zeigt. Vor dem ersten Backen sollte unbedingt eine bis zwei Hefeführungen erfolgen.
Mögliche Probleme, ihre Ursachen und Lösungen
- Der Sauerteig schimmelt: Es bilden sich farbige Kolonie und/oder flauschiger Schimmel auf dem Sauerteig. Leider gibt es hier keine Rettung für den Sauerteig, es hilft nur noch den Sauerteig wegzuschmeißen und die Sauerteigsicherung wiederzubeleben.
- Es bildet sich im Kühlschrank eine graue oder braune Flüssigkeitsschicht: Das ist der sogenannte Fusel und erfodert keine Sofortmaßnahme. Man kann ihn vor dem Füttern einfach unterrühren.
- Der Sauerteig ist nach dem Füttern erst dickflüssig, wird beim Gehen aber immer flüssiger, bis er fast die Konsistenz von Wasser hat: Ursache hierfür sind Milchsäurebakterien im Sauerteig, die sehr viele “Verdauungs”-Enzyme (genauergesagt Amylasen und Proteinasen) an den Sauerteig abgeben, so dass Stärke und Protein zum Großteil abgebaut werden. Sollte das der Fall sein, hilft es, die Menge des Sauerteigs beim Füttern zu halbieren und den Sauerteig ggf. fester zu führen (Schema für die Fütterung: 1 Teil Sauerteig, 2 Teil Mehl, 1,5-2 Teile Wasser).
- Der Sauerteig geht nicht auf, wird aber sauer: Die Milchsäurebakterien sind im Sauerteig noch aktiv, er enthält aber kaum bis keine Sauerteighefen. Das kann gerade nach langer Standzeit im Kühlschrank (z.B. ein halbes Jahr) passieren (und ist mir in der “heißen Phase” meiner Dokorarbeit auch passiert). Hier sollte man hintereinander drei bis vier Hefeführungen machen. Wenn nach einigen Hefeführungen der Sauerteig immer noch nicht aufgeht, empfiehlt es sich auch hier, ihn zu entsorgen.
- Der Sauerteig geht auf, wird aber nicht oder kaum sauer: Das kann – gerade bei einem Weizensauerteig – nach (zu) vielen Hefeführungen passieren. Hier haben die Hefen die Herrschaft übernommen. Beim süßem Starter ist das so gewollt, ein normaler Sauerteig sollte aber auch eine ausgewogene Säure aufweisen. Hier hilft es, den Sauerteig fester (1 Teil Sauerteig, 1 Teil Mehl, 0,5- 0,7 Teile Wasser) und kalt (18°C-20°C) zu führen, bis der Sauerteig wieder ein saures Aroma entwickelt und leicht nach Joghurt riecht (der Joghurtgeruch kommt von der Milchsäure). Auch auf die Hefeführung sollte verzichtet werden, bis sich das Gleichgewicht zwischen Hefen und Bakterien wieder eingestellt hat.
- Der Sauerteig riecht nach einigen Tagen im Kühlschrank nach Aceton/Nagellackentferner: Das passiert meistens bei einem sehr aktiven Sauerteig, der immer sehr gut aufgeht. Es ist ein Zeichen dafür, dass der Sauerteig bereits wieder “hungrig” ist. Durch seine hohe Aktivität wurde bereits ein Großteil der Nährstoffe im Sauerteig verbraucht. Hier hilft es, den Sauerteig normal zu füttern. Bevor er in den Kühlschrank zurückgestellt wird, werden 15g Mehl eingerührt, wodurch der Sauerteig fester wird und zusätzliches “Futter” erhält. Aber Achtung: Der Sauerteig wird bei dieser Methode auch im Kühlschrank weiter aufgehen. Das Glas sollte also mindestens ein dreimal größeres Volumen wie der Sauerteig haben!
Habe ich noch etwas vergessen? Dann schreibt mir, und ich neheme es in die Liste auf!
English (UK)
Hallo Stefanie,
ich habe jetzt alle Kommentare gelesen und ich habe ein ganz anderes Problem.
Für ein Brotrezept backe ich mit Alpenroggenmehl und setze meinen Sauerteig damit auch an, 3 x 8 Stunden (bei 28/30 Grad, Zimmertemperatur und Kellertemperatur 18/20 Grad) damit ich meinen nicht so fitten Roggensauerteig etwas auf die Sprünge helfe, weil ich nicht ganz so häufig backe.
Leider ist es mir jetzt schon zum wiederholten Male passiert, dass ich aus unerwartetem Zeitgründen schon die Führungen abbrechen musste. Ich habe dann jedes Mal den angesetzten Sauerteig … und hier ärgert mich das ich das teuer erworbene Alpenroggenmehl entsorgt habe am meisten.
Irgendwie liegt ein Fluch auf diesem Rezept.
Ich frage dich jetzt um Rat und möchte wissen was ich zur Rettung machen soll?
Gelesen habe ich nur, dass ich die Zeiten sowie die Temperaturen bei dieser 3 stufigen Führung penibel einhalten sollte.
Ich habe einen Ein-Grad Kühlschrank, kann ich den Sauerteig einfach dort hineingeben und dann zur gewünschten Zeit wieder rausholen und weiter machen?
Wenn ja, erst wieder auf Zimmertemperatur bringen und dann füttern, oder sofort füttern und auf Sicht arbeiten bis er sich verdoppelt hat.
Gibt es noch andere Möglichkeiten oder ist alles durch die Kühlung zu Anstellgut geworden?
Lieben Gruß
Petra
@Petra: Da der Sauerteig im Kühlschrank weiterreift (die von den Mikroorganismen abgegebenen Enzyme arbeiten wenn auch langsamer auch bei niedrigen Temperaturen), kann es sein, dass die Brotqalität leidet.
Bei der Dreistufenführung geht es ja vor allem auch um eine ausgeglichene Säure. Tendenziell würde ich darum vorschlagen, die Führung auf einen Salzsauer umzustellen, die ebenfalls zu einem ausgeglichenen Aroma führt und die Triebstärk über 1-2 Hefeführungen (s.o.) am Tag vor dem Ansetzen hinbekommen. Dann bist du weit flexibler im Zeitmanagment und kannst die Hefeführungen im Kühlschrank zwischenparken und der Salzsauer kann bis zu 3 Tagen verwendet werden.Eine Anleitung gibt es hier bei Dietmar im Blog).
Mensch Stefanie… fühl dich gedrückt :)) ich bin so dankbar für deine Hilfestellungen.
Ich stelle fest, je mehr ich backe – ich zwar routinierter und erfahrender werde, ich dadurch aber auch immer mehr Türen öffne, von denen ich gar nicht wusste das es sie gibt, bis man davor steht und denkt: Ohhh … und nun ???
Herzlichen Dank für deine Rückmeldung und dem Tipp vom Salzsauer.
Lieben Gruß
Petra
Hallo, ich bin gerade dabei bei einem lange im Kühlschrank vernachlässigten ASG deine Hefeführung zu probieren. Bin totaler Anfänger und etwas überfordert. Also jetzt aktuell im Backofen bei 30 Grad sind 20 Asg, 20 Mehl 20 Wasser. Wenn ich das wiederholen will- kommen in diese Schüssel jetzt wieder 20 Mehl und 20 Wasser oder nehme ich erst von dem was da in der Schüssel ist 20 g weg und gebe dort das neue Mehl und Wasser dazu.
Danke
@Michaela: Du nimmst 20g vom Ansatz aus dem Backofen plus 20g Wasser und 20g Mehl. Die Idee dahinter ist, dass das die Mikroorganismen im Sauerteig viel frisches Futter bekommen und ihre Ausscheidungsprodukte (v.a. Alkohol und Säure) zum Großteil entfernt wird. Dadurch können sie sich besonders gut vermehren.
Hallo Petra,
in den meisten Sauerteiganleitungen lese ich immer nur von „Mehl“.
In wie weit spielt die Sorte oder der Typ eine Rolle beim ansetzen und pflegen des Sauertaigansatzes ?
LG Dennis
@Dennis: Kurz gesagt ist es so: Roggensauerteig ist tendenziell saurer als Weizensauer und je dunkler das Mehl (= höhere Typenzahl bzw. VOllkorn), desto saurer. Natürlich kommt es auch auf Führungsparameter etc. an, aber die Grundtendenz ist diese. In VOllkornmehl sind mehr Mineralstoffe enthalten, weshalb sich die Mikroorganismen besser vermehren und sich ein Sauerteig mit Vollkornmehl leichter starten lässt. Und da der Roggensauer tendenziell schneller sauer wird, ist er beim Ansetzen oft etwas robuster als der als “zickig” verschriene Weizensauer. Wobei: Mein erster Sauerteig war vor bald 20 Jahren ein Weizensauer – das funktioniert (auch mit wenig Erfahrung) durchaus.
Ich habe meinen Sauerteig frisch hergestellt, aus Dinkelvollkornmehl.
Eer riecht stark nach Essig, geht aber nicht auf. Ist er noch zu retten?
@JJ: Wie viele Tage ist dein Sauerteig denn schon alt? Gerade in den ersten Tagen gibt es Phasen mit wenig Aktivität. Erzähl doch bitte ein bisschen genauer, wie du den Sauerteig angesetzt hast und wie du ihn seitdem pflegst.